Krise auf Rädern: Warum die Halbjahresbilanzen der Autohersteller einbrechen
Posted by: Isabelle Riederer
Die jüngsten Halbjahreszahlen grosser Automobilkonzerne zeichnen ein düsteres Bild: Deutsche Hersteller wie Mercedes-Benz, Audi, VW und Porsche melden massive Gewinneinbrüche – teils im zweistelligen Prozentbereich. Doch auch andere Hersteller kämpfen mit schrumpfenden Margen. Was steckt hinter dem Einbruch einer Branche, die jahrelang auf der Überholspur fuhr?

Die deutschen Autobauer geraten 2025 massiv unter Druck: So verzeichnet zum Beispiel der Stuttgarter Autobauer Mercedes-Benz im ersten Halbjahr einen herben Gewinneinbruch. Das Konzernergebnis sackte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als die Hälfte von rund 6,1 Milliarden Euro auf rund 2,7 Milliarden Euro ab. Der Umsatz fiel um 8,6 Prozent auf 66,4 Milliarden Euro. Mercedes-Chef Ola Källenius sprach angesichts der Zahlen für das zweite Quartal von soliden Finanzergebnissen. Dabei war der Konzernüberschuss von April bis Juni sogar um rund 69 Prozent auf 957 Millionen Euro zurückgegangen. Im zweiten Quartal schlugen Finanzchef Harald Wilhelm zufolge Zolleffekte mit einem mittleren, dreistelligen Millionenbetrag zu Buche. Ausserdem drückten Sparmassnahmen auf das Ergebnis. So seien Wilhelm zufolge 560 Millionen Euro im Zusammenhang mit Abfindungen zurückgestellt worden.
Auch der Volkswagen-Konzern meldet für das zweite Quartal einen Gewinneinbruch um mehr als ein Drittel. Vor allem bei Porsche brach der Gewinn im ersten Halbjahr um fast 91 Prozent ein. Wie Porsche hatte auch Audi in der Vergangenheit hohe Gewinne in die VW-Kassen gespült. Aktuell gilt das nicht mehr. Der Gewinn des Teilkonzerns, zu dem auch Bentley und Lamborghini gehören, brach im ersten Halbjahr um 37,5 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro ein. Allein die US-Importzölle kosteten die Ingolstädter rund 600 Millionen Euro. Hinzu kamen Rückstellungen für den angekündigten Abbau von etwa 7’500 Stellen in Deutschland. Die Zahlen zeigten «wie notwendig die eingeleitete Transformation ist», teilte Finanzchef Jürgen Rittersberger mit.
Auch der deutsche Autobauer BMW hat im ersten Halbjahr 2025 einen Gewinneinbruch von rund 29 Prozent verzeichnet. Nach Abzug von Steuern verdiente der Münchner Konzern seit Anfang des Jahres vier Milliarden Euro und damit mehr als ein Viertel weniger als im Vorjahreszeitraum, wie BMW mitteilte.
Mehrere Ursachen greifen ineinander:
• Absatzeinbruch auf Hauptmärkten:
In China und den USA, den wichtigsten Exportmärkten, verzeichnen Mercedes-Benz und Porsche teils zweistellige Rückgänge. So brach der Mercedes-Absatz in China um 19 Prozent, in den USA um über zwölf Prozent ein – ausgelöst durch verschärfte US-Importzölle und eine Abkühlung der Konsumnachfrage.
• US-Importzölle als Gewinnkiller:
Seit US-Präsident Trump die Zölle auf importierte Fahrzeuge massiv erhöht hat, werden gerade die deutschen Hersteller stark belastet. Porsche, das in den USA keine eigene Produktion hat, musste im zweiten Quartal Sonderaufwendungen von rund 400 Millionen Euro leisten, um Kunden Preisgarantien zu bieten. Diese Zusatzkosten schlagen direkt auf die Marge durch.
• Probleme mit der E-Mobilitätsstrategie:
Während chinesische Marken und US-Anbieter im Bereich Elektroautos Marktanteile gewinnen, verkaufen sich die E-Modelle der deutschen Hersteller insbesondere in China schlecht. Mercedes beispielsweise musste bei E-Fahrzeugen einen Rückgang um 19 Prozent hinnehmen. Die hohen Umstellungskosten auf Elektromobilität belasten zusätzlich die Bilanz.
• Kosten für Umstrukturierungen und Restrukturierungsprogramme:
VW hat Restrukturierungsrückstellungen für Audi und Cariad gebildet, Mercedes und Porsche fahren teure Umbauprogramme. Bei Porsche etwa sollen bis 2029 rund 15 Prozent der Stellen gestrichen werden. Einmalige Kosten von Hunderten Millionen Euro mindern den aktuellen Gewinn.
• Währungs- und Preiseffekte, sowie schwache Nachfrage:
Die Hersteller nennen zudem Preisdruck durch Margen-schwächere Elektrofahrzeuge und ungünstige Währungskurse als weitere Belastungen. Auch das schwache Konsumklima macht sich bemerkbar.
• Neue Steuerregelungen in China:
Eine jüngste Absenkung der Luxussteuer-Grenze durch das chinesische Finanzministerium trifft deutsche Premiumhersteller besonders hart. Dies betrifft sowohl Verbrenner- wie Elektrofahrzeuge.
Aber nicht nur die deutschen Hersteller, sondern auch andere Hersteller wie Tesla und Stellantis melden Gewinneinbrüche. Die Krise zieht also weltweit ihre Kreise und signalisiert die tiefe Transformation der gesamten Branche.
Globale Handelskonflikte, verändertes Nachfrageverhalten, technologische Umbrüche und strukturelle Milliardeninvestitionen drücken die Gewinne der grossen Autokonzerne auf teils historische Tiefstände. Ohne radikale Anpassungen bei Produktion, Marktstrategie und Produktangebot müssen sich die Hersteller auf weitere magere Jahre einstellen. (ir)